Ich halte es für äußerst zynisch Geringverdienern und Arbeitslosen zu empfehlen eine kapitalgedeckte Altersvorsorge aufzubauen bzw. ihr Geld zu investieren. Wer gerade so über die Runden kommt, hat:
1. gar keine finanziellen Mittel, um vernünftig zu sparen.
2. oft gar nicht die nötige Bildung, um Finanzmärkte bzw. die Notwendigkeit von solchen Sparplänen zu verstehen. Darüber hinaus kommt damit die Gefahr einher, auf Betrüger herein zufallen bzw. schlecht beraten zu werden. Das Investieren und Besparen von Aktien ist nicht so trivial, wie gern dargestellt.
Allgemein erscheint es mir, auch von einigen Kommentatoren hier, völlig weltfremd, wie die Lebenssituation vieler Menschen dargestellt wird. Wir haben über 20 Prozent aller Beschäftigten, die im Niedriglohnsektor arbeiten bei gleichzeitig immer weiter ansteigenden Lebenhaltungskosten. Viele dieser Menschen kommen aus bildungsfernen Haushalten bzw. sind selbst als solche zu bezeichnen. Hier auf akademischem Niveau von oben herab den Leuten zu raten, sie sollten dies oder jenes machen, halte ich für absolut unangebracht.
Es ging in der Diskussion darum, dass Cazasar geschrieben hat, dass nach seiner Meinung jeder in Aktien investieren sollte. Daran ist die Annahme gebunden, dass jeder Haushalt am Ende des Monats Geld übrig hat in einem undefinierten Größenumfang. Es wurde richtig angemerkt, dass nach der Keynesianische Sparfunktion sich die Höhe des Ersparten aus dem Einkommen multipliziert mit der Sparneigung abzüglich des autonomen Konsums berechnen lässt. Da der autonome Konsum im Regelfall nicht beeinflussbar ist, sind die relevanten Variablen somit das Einkommen und die Sparneigung. Einfach gesagt: Je höher das Einkommen und je höher die Sparneigung, also je weniger einkommensabhängiger Konsum, desto mehr wird in einer Periode gespart.
Jetzt stellt sich die Frage, ob Geringverdiener wirklich am Ende des Monats Geld sparen können oder nicht. Aber ich glaube, dass Cazasars mit seiner Aussage eher verdeutlichen wollte, dass Aktien eine bessere Alternative sind als konventionelle Sparmethoden wie das Sparen mit einem Sparbuch. Die Debatte, ob Geringverdiener sparen können, war wahrscheinlich nicht gewollt.
Ich möchte zudem noch was zu deinem zweiten Punkt sagen. Ich habe des Öfteren schon gehört, dass man ein besonderes Know-How und Involvement besitzen muss, um in Wertpapiere zu investieren. Es ist mittlerweile das Jahr 2021 und dennoch haben Menschen noch die "Wolf of Wallstreet" Bilder vor Augen oder wie Broker in Börsen wild umherlaufen und Papier in die Luft schmeißen. Sofern man kein Daytrader ist und mit Derivaten wie Optionen und sonstigen hoch spekulativen Anlagen handelt, sind langfristige Investitionen in Wertpapier ein ziemlich sicheres Geschäft und meiner Meinung die einzige Möglichkeit, fernab von früheren Sparmethoden noch vernünftig Geld zu sparen und das Gesparte passiv zu vermehren. Ich rate zwar ab, Beratungen von der eigenen Hausbank zu holen, die dann das eigene Geld für einen investieren, es ist aber grundsätzlich möglich und von Betrügern kann man nicht reden. Möchte man selber investieren, ohne Provisionen an Bankbroker zu zahlen, gibt es die Online Broker wie Trade Republic, etoro oder com direct. Und das ist wirklich kinderleicht. Natürlich gibt es in der Finanzwirtschaft Indikatoren und Kennzahlen wie den Beta Faktor etc. etc. aber für langfristige Investoren sind diese wirklich nicht unbedingt relevant. Zudem wird ausschließlich über Aktien gesprochen. Um das Risiko des Ausfalls zu minimieren, nutzen Fonds und ETF eine erhöhte Diversifikation, um das Risiko zu streuen. Und für Anleger, die das erste Mal in Aktien langfristig investieren möchten, reicht es üblicherweise aus, die gewünschten Wertpapiere auf den Markt zu verfolgen, sich mit den Unternehmen und der Geschäftsidee auseinanderzusetzen und dann probieren im Sinne des "Buy-The-Dip" einzusteigen. Alles kein Hexenwerk.