Wofür kämpfen wir?
Man kann den Franzosen vieles vorwerfen, aber am Ende sind auch sie gute Christenmenschen. Und so ist es um die heiligen Osterfeiertage an allen Bereichen der Front ruhiger geworden. In diesem Wissen ist es guter Brauch der königlichen Heeresführung, grade jene Regimenter welche stets in vorderster Linie stehen, aus der Front hinaus zu nehmen und dadurch die tapferen Soldaten zu entlasten. Und so wurde auch der Großteil des Garde Grenadier Regiments Nr. 4 zu Ostern für zwei Wochen in die Heimat geschickt. Auch ich hatte das große Glück Frau, Kind und Hof einmal wieder zu sehen.
So saß ich an einem der Abende an meinem Schreibtisch und stellte mir die Frage, die jeder Soldat sich irgendwann stellt. Wofür kämpfen wir? Nun gibt es Antworten die jeder Soldat kennt, für den König, für Gott, für die Nation. Aber auch die Franzosen haben einen König, mag er sich Kaiser nennen. Auch die Franzosen glauben an den Hergott und auch die Franzosen haben eine Nation. Also wofür kämpfen wir?
Einen Tag bevor wir aus der Front herausgenommen wurden, fochten wir ein Gefecht nahe Heidelberg. Ein Junger Gardist, grade erst zur Truppe gekommen und so grün hinter den Ohren, dass ich noch nicht einmal seinen Namen kannte, wurde von einer Kugel mitten in den Hals getroffen. Und so lag er da und flehte in seinem Todeskampf um seine Mutter. Wofür kämpfen wir also?
Wir kämpfen nicht für unseren Ruhm, wir kämpfen nicht für unser Glück oder für den Ruhm des Königs. Dies mögen hehere Ziele sein, und ja auch sie haben ihre Berechtigung. Aber wir kämpfen für wichtigeres. Wir kämpfen für unser Leben, für unsere Kameraden und um den nächsten Tag zu sehen. Und als ich nach all den Monaten mein Haus erblickte wusste ich auch, wir kämpfen für unsere Art zu Leben und die Freiheit jener Menschen, die uns wichtig sind. Dies ist der Grund warum wir den Kampf niemals aufgeben werden bis wir Erfolg haben und wenn es uns unser Leben kostet. Und so werden wir auch nun, wo Ostern vorbei ist, wieder mit frischem Mut tapfer sein.
Gez. Oberstleutnant Wilhelm von Bergen, im Jahre 1812 a.D.